Keramisch skulpturale Experimente

Die Gefäße von Almut Tuma sind im gewissen Sinne Stillleben, solitäre, für sich stehende Einzelformen, die sich jedoch auch zu Ensembles zusammenstellen lassen. Gefäße umschließen etwas, sie umfassen Raum. Ohne die Gefäße wäre der Raum garnicht sichtbar, erst das Einschließen als Begrenzung macht den Raum erfahrbar. Und das ist das Entscheidende, es geht Almut Tuma nur um den Raum als Raumbewältigung und Raumerfassung. Also um Gefäß und Form. Die keramischen Arbeiten sind Plastiken, das Plastische steht im Vordergrund und nicht ein möglicher Gebrauch und praktischer Nutzen.

In der japanischen Kunst findet sich das Alltägliche mit dem Wunderbaren in idealer Weise verbunden. Es hat lange gedauert, bis die europäische Kultur das Denken in hierarchischen Wertungen, was die Materialien und die Dinge überhaupt betrifft, abstreifen konnte. Neben aller Kunstfertigkeit findet sich in der japanischen Kultur auch immer der Sinn für das Kleine, Schwache oder Unbedeutende. Diese Demut vor den Dingen kennt das Lob des Schattens. Gute Keramik hat auch etwas mit dieser Ehrfurcht vor dem Unbedeutenden zu tun.

So verzichtet Almut Tuma auf ausladende kunstherrliche Gesten und widmet sich neben der schönen, einfachen Form auch dem schlichten So-Sein des Materials. Das Material, seine möglichst natürliche Verarbeitung bestimmt die Technik, keramischen Verfahren. Das ungemein Elementare des Herstellungsprozesses, die Bedingungen der Hitze beim Brennen, das Feuer und der Kohlenstoff bieten an sich schon soviel Potenzial für Schönheit, das auf bizarre Glasuren getrost verzichtet werden kann.  

Es ist ein zärtlicher, hinschauender Gedanke, der das Kleine, auch Triviale und all zu oft Übersehene für die Kunst gewinnt.

 

Giso Westing  

Hannover 2016

 

 

 

 "Dreibein-Schale" 1991

 

 

 

 

"Madengefäße" 2015/16